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Wie der Caritasverband Ahaus-Vreden Pflege-Auszubildende unterstützt:„Der Beruf hat wirklich tolle Seiten!“

Wie machen wir die Pflegeausbildung attraktiver? An Lösungen und damit Antworten auf diese Frage wird auch beim Caritasverband Ahaus-Vreden kontinuierlich gearbeitet. Dabei haben die Verantwortlichen immer im Blick, dass sich auch die Rahmenbedingungen fortlaufend ändern.
Matthias Wittland, Vorstand für das Ressort Pflege und Gesundheit beim Caritasverband Ahaus-Vreden.
Datum:
3. Mai 2024
Von:
Christian Bödding

Matthias Wittland, Vorstand für das Ressort Pflege und Gesundheit beim Caritasverband Ahaus-Vreden, nennt ein Beispiel: „Es starten zunehmend junge Menschen in die Pflegeausbildung, die sich zwar bewusst für einen Beruf in der Pflege entschieden haben, bei denen es aber neben der reinen Wissensvermittlung auch darum geht, sie an die Hand zu nehmen und zu leiten.“ 

Zentrale Praxisanleitung

Die Wissensvermittlung, also der fachliche Input, sei heute nur ein Teil der Aufgabe. Ein weiterer Teil sei, die von den Auszubildenden in den Alltag und die Einrichtungen mitgebrachten Probleme zu bearbeiten. Die Bandbreite reicht von Beziehungsproblemen über familiäre Probleme bis hin zu finanziellen Problemen. Die Auszubildenden zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann werden beim Caritasverband Ahaus-Vreden von Mentoren begleitet. Eine Neuerung gibt es beim Verband ab August dieses Jahres. Matthias Wittland: „Wir werden über die zentrale Praxisanleitung – unterstützt durch Praxisanleitende in den Diensten und Einrichtungen – eine einheitliche Begleitung der Ausbildung sicherstellen.“ Der Caritasverband hat dazu ein Ausbildungskonzept verabschiedet. 

Schulsozialarbeiter

Eine zentrale Ausbildungskoordination gibt es schon seit längerer Zeit. Miriam Klöpper ist als Ansprechpartnerin Schnittstelle zu den Bildungszentren und den externen Ausbildern. „Sie fungiert auch als neutrale Ansprechperson, wenn die Auszubildenden vor Ort Probleme haben“, erläutert Matthias Wittland. Bei den (eigenen) Caritas Bildungszentren – die den theoretischen und praktischen Unterricht sicherstellen – helfen zudem Schulsozialarbeiter den Auszubildenden. „Es ist wichtig, den jungen Menschen eine Unterstützung zu bieten, damit sie „ausbildungsfähig“ sind“, erklärt Matthias Wittland. „Wir treffen auf Menschen, die einen ziemlichen Rucksack an Problemen schultern müssen.“ 

Das Berufsbild verändert sich

Hinzu kommt die – schon nicht mehr ganz neue – generalistische Ausbildung, die seit 2020 die Ausbildungsberufe in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zusammenfasst. Können junge Menschen den Ansprüchen dieser Ausbildung überhaupt gerecht werden? „Das Berufsbild der Pflegefachkraft verändert sich zunehmend“, antwortet Matthias Wittland auf diese Frage. „Viele, die diesen Beruf wählen, möchten Menschen pflegen, betreuen, versorgen.“ Die Pflegefachkraft sei aber zunehmend über das Personalbemessungsverfahren in der Steuerung unterwegs. „Pflegefachkräfte koordinieren unter anderem die Prozesse, die Dokumentation sowie die Einsätze von Pflegefachassistenten und Pflegehilfskräften. Das heißt, die Zeit in der unmittelbaren Pflege reduziert sich bei den Pflegefachkräften zunehmend. Die zu erfüllenden Aufgaben erfordern ein anderes Wissen als noch vor Jahren.“ 

Ging es früher in der Ausbildung stark um Grund- und Behandlungspflege, sind heute ganz andere Komponenten Bestandteil. „Das Berufsfeld und die Tätigkeiten haben sich verändert, die Zugangsvoraussetzungen rühren aber noch aus der Vergangenheit.“ Der Einstieg in die generalistische Pflegeausbildung sei zwar mit verschiedenen Schulabschlüssen möglich. „Manche davon sind aber zum Teil nicht ausreichend.“ Hinzu kommt: Auch die (neue) einjährige Ausbildung zur Pflegefachassistenz ist relativ anspruchsvoll. „Das ist keine Ausbildung „Pflege-light“. 

Im Gegensatz dazu stehe die öffentliche Wahrnehmung des Pflegeberufes. „Ich glaube, die Pflege hat ein Talent, ihren eigenen Beruf schlechtzureden“, erklärt Matthias Wittland. Sie müsse mehr mit geradem Rücken durch die Welt gehen und sich ihrer Kraft und der eigenen Fähigkeiten bewusst werden. „Die Pflege ist im Gesundheitssektor die größte Berufsgruppe. Aber wenn man sich anschaut, wer die Politik macht, dann sind das überwiegend andere Berufsgruppen.“

Berührungspunkte

Insgesamt habe die Pflege in der Corona-Pandemie im Bewusstsein der Bevölkerung einen höheren Stellenwert erlangt. Aktuell sei sie jedoch wieder ein Stück weit nach hinten gerutscht. „Weil andere Themen momentan überwiegen“, sagt Matthias Wittland und nennt beispielhaft die Energiekostensteigerungen, den Ukraine-Krieg und die Inflation. Pflege spiele sich häufig nicht im Alltag ab. „Pflege betrifft mich, wenn ich zum Beispiel wegen eines Unfalls ins Krankenhaus muss oder ein älterer Angehöriger ins Altenheim zieht oder zu Hause versorgt werden muss. Im normalen Alltag gibt es wenige Berührungspunkte zur Pflege.“

Dabei ist Pflege so viel mehr als „nur Essen anreichen“ und Begleitung beim Toilettengang. „Die Pflegefachkraft sichert den Pflegeprozess. Nur mit ihr ist es möglich, die Versorgung sicherzustellen, sei es beispielsweise im Wohnbereich oder in der ambulanten Pflege. Der Beruf hat wirklich tolle Seiten und bietet viele Möglichkeiten, sich weiter zu entwickeln.“ Es gelte, diese Vorteile stärker in den Vordergrund zu stellen. Stichwort: Bezahlung. Seit September 2022 gilt die Tarifbindung. Matthias Wittland: „Wenn man die Pflege mit anderen Branchen vergleicht, dann stehen die Beschäftigten finanziell gar nicht so schlecht da. Bei uns bekommen Auszubildende im ersten Jahr über 1100 Euro“, im Bäckerhandwerk sind es zum Vergleich unter 600 Euro.

Sehr gute Möglichkeiten

17.413 Menschen haben im Jahr 2021 in Nordrhein-Westfalen die Ausbildung zur Pflegefachkraft begonnen. Aus Sicht von Caritas-Vorstand Matthias Wittland ist diese Zahl zu niedrig. „Viele Pflegekräfte sind in der Altersgruppe 50plus. Es ist absehbar, wann sie aus dem Berufsleben ausscheiden. Die Verweildauer von Pflegekräften im Beruf ist im Vergleich zu anderen Berufen relativ gering. Von den über 17.000 Auszubildenden wird, wenn es gut läuft, in fünf bis zehn Jahren noch die Hälfte als Pflegekraft arbeiten.“

Dabei sind die Möglichkeiten sehr gut, als junger Mensch in der Pflege Karriere zu machen. Der Caritasverband Ahaus-Vreden rekrutiert zum Beispiel Wohnbereichsleitungen und Pflegedienstleitungen überwiegend aus den eigenen Reihen. Nach einem Studium stehen weitere Positionen offen. „Wir haben viel zu bieten“, greift Matthias Wittland für den Verband ein Schlagwort auf. „Das wird uns auch von den Schülern bei Ausbildungstagen gespiegelt.“